Ich Clutch Beifall – Abi 2019

Es ist soweit, das Teenagermädchen hat ihr Abizeugnis in der Tasche. 12 Jahre Schule sind für sie vorbei. War nicht gerade Einschulung in der stickigen, völlig überfüllten Aula, wo ich schon beim ersten Lied der Zweitklässler einen Kloß im Hals hatte? Wo ich den schreienden Bruder, der bei seiner großen Schwester sitzen wollte, im Zaum halten musste. Wo ich wie alle anderen Eltern in den blauen Himmel geschaut habe, weil die frisch Eingeschulten Luftballons steigen lassen haben. War es nicht erst gestern, wo ich völlig überwältigt war von der Flut an Glückwünschen und Geschenken zur Einschulung. Wo wir bis Mitternacht auf der Terrasse getanzt haben, weil das Schulkind genauso eine Party haben wollte. Ist doch wirklich noch nicht lange her, wo ich sie das erste Mal in den Schulbus gesetzt habe und mit dem Auto hinterher gefahren bin, ob sie auch gut angekommen ist. Wo ich mir extra den Tag frei genommen habe, um sie wieder vom Hort abzuholen und sie mir entgegen rief: „Mama, ich will aber mit dem Schulbus zurückfahren!“ Wo ich halb beleidigt, aber auch stolz auf mein selbständiges Mädchen das Schulgelände ohne Kind wieder verließ. Ist es wirklich schon so lange her, dass ich sie fragte: „Na, wie war dein Diktat, denkst du, dass du alles richtig hast?“ und sie mit kindlichem Selbstbewusstsein sagte: „Das denke ich nicht nur, das weiß ich.“
Pink-Blau-Abendgarderobe-Clutch-selbstgenäht1012 Schuljahre sind endgültig vorbei. Schuljahre, wo so manches Schulbrot unangetastet zurück kam, weil sie mir mit großen Augen erklärte: „Mama, ich hatte doch heute keine Zeit dafür.“ Es gab doch so viel Wichtigeres in den Pausen als Essen. Das war in der Grundschule, wo Wochenpläne, Wandertage und der Schwimmunterricht unseren Tagesablauf bestimmten. Am Gymnasium rückten dann andere Dinge in den Vordergrund. Da wurde in jeder Pause gegessen: „Mama, weißt du wie hungrig Schule macht?“ Ja, Energie brauchte das Teenagermädchen für all den Lernstoff, der meiner Meinung nach manchmal einfach viel zu viel war. Ist es wirklich lebensentscheidend, die 10 höchsten Vulkane der Welt auswendig zu lernen? Ich finde nicht. (Der höchste ist übrigens Nevado Ojos del Salado mit 6893 Metern in Argentinien und Chile. Habe ich natürlich gerade gegoogelt.) Am Gymnasium lernte das Teenagermädchen, dass Gruppenarbeiten niemals Gruppenarbeiten sind. Einer ist immer derjenige, der sie macht. In diesem Fall eine. Sie führte ihre Hefter akribisch mit Perfektionsdrang, absoluter Organisiertheit und mit zig Trillionen Finelinern. (Anm. der Redaktion: die Organisiertheit hat sie nicht von mir.)  Von den vorbildlichen Heftern hat auch noch der kleine Bruder etwas, dessen Aufzeichnungen – sagen wir mal – Luft nach oben haben. 12 Jahre Schule sind vorbei, wo gerade die letzten beiden Jahre daraus bestanden, seelischen Beistand zu leisten. Fachlich war man ja eh schon raus. Mut zu sprechen, wenn die Hausaufgabenflut mal wieder unüberwindbar schien, wenn 3 Klausuren plus 5 Tests in einer Woche anstanden und die Freizeit des Teenagers auf ein Minimum schrumpfte. Einfach da sein, Lieblingsessen servieren und Verständnis zeigen, sind in Abiturzeiten wohl die Hauptaufgaben einer Mama.

12 Schuljahre sind vorbei, wo das Schulmädchen das Lesen lieben gelernt hat. Noch heute vergeht nicht ein Tag, wo sie die Nase nicht in ein Buch steckt. Immer noch schwärmt sie von dem Geruch von neuen Büchern. Da kann ein E-Book einfach nicht mithalten. Mit der Liebe zu den Büchern kam Harry Potter in unser Leben, auch in meins. Wir lasen alle Bücher, wahlweise deutsch und englisch, schauten alle Filme und in der letzten Schulwoche, die eine Mottowoche war, wurde aus meinem Teenagermädchen Hermine Granger, Umhang made by Mama. Die Prüfungen, die sich gefühlt ewig dahinzogen, haben wir dann auch geschafft und die ganze Familie war danach erleichtert. Die Nerven liegen bei einem Abiturienten dann doch mal blank. Die Zeugnisausgabe kam und da war er wieder der Kloß im Hals. 12 Jahre später, wo statt des kleinen Schulmädchens eine junge selbstbewusste Frau die Bühne betrat, die ein super tolles Abitur hingelegt hat. Bravo! Wir sind so stolz auf dich!
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Nach der Zeugnisausgabe kam der Abiball! Wer sich in der Materie auskennt, weiß, dass das der Tag der großen Ballroben ist. Da werden schon Monate vorher die einschlägigen Geschäfte gestürmt, es wird anprobiert und sich stundenlang vor dem Spiegel gedreht. Wir hatten Glück. Das entscheidungsfreudige Teenagermädchen fand auf Anhieb ihr Traumkleid. Erster Laden, zweites Kleid, „Papa, bezahlst du?“ Fertig! Welch‘ eine Erleichterung, wieder einmal. Dann war alles schick. Schuhe, Schmuck waren unkomplizierte Anschaffungen. Das Teenagermädchen war versorgt, der blaue Anzug vom Liebsten eh gesetzt und ich wollte eines meiner Kleider aus dem Schrank zerren. Da waren noch ein paar schicke Teile, die auch mal die Welt sehen wollten. Eine Woche vor dem Abiball kam das Feintuning. Bilder von anderen Abibällen kreuzten durch die Social Media Kanäle. Dann kam das entscheidende Bild einer Freundin: Der Schlips des Vaters war auf die Farbe des Abiballkleides der Tochter abgestimmt. Das Teenagermädchen: „Wir müssen auch farblich abgestimmte Sachen haben. Das wäre doch toll.“ Mir gefiel der Gedanke auch sehr, allerdings brach damit auch mein Kartenhaus zusammen, einfach ein Kleid aus dem Schrank zu nehmen. Ehrlich gesagt, passten die vorhandenen sowieso nicht so perfekt zu dem Anlass. Entweder waren sie nicht festlich genug oder zu glitzerig oder farblich zu auffällig. Das Teenagermädchen sollte doch ganz im Vordergrund stehen und wir als Eltern wollten festlich dezent im Hintergrund gut aussehen. Also hektisch den Stoffladen gestürzt, zwei Stöffchen für den Anlass gekauft, noch hektischer ein paar Kleider bestellt und irgendwie die Hoffnung gehabt, dass alles gut wird.
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Um es vorweg zu nehmen es wurde alles gut! Eins der bestellten Kleider passte perfekt und war ebenso perfekt für den Anlass. Der Liebste fand einen Schlips in der Farbe des Abiballkleides und jetzt galt es mein Outfit noch ein wenig aufzupimpen. Hier kam eines der gekauften Stöffchen zum Einsatz. Ich nähte mir zu meinem Kleid einen pinken Gürtel und eine Clutch. Der zarte Viskosesatin verlangte mir einiges ab, aber es gelang. Der Gürtel war jetzt keine Hexenwerk, auch wenn der Viskosesatin sich schon beim Zuschneiden als äußerst rutschig erwies. Ich schnitt 2 Streifen über die Stofflänge von 135 cm mit 10 cm Breite ab. Nähte sie an 2 kurzen Enden zusammen, bügelte die Naht auseinander und passte die Länge der beiden Enden an. Glücklicherweise hatte mein Kleid auch einen Satingütel, den ich gut als Vorlage nehmen konnte. Jetzt habe ich den Gürtel bis auf eine Wendeöffnung zusammen genäht. Wenden, bügeln und die Wendeöffnung mit Vliesofix zugebügelt. Gut, nicht? Mittlerweile war es Freitag Abend und ich musste ja noch meine Cluch nähen.
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Der Liebste und das Teenagermädchen übten Walzer auf der Terrasse und ich nähte mein Täschchen Naht für Naht. Ich hatte mich für die Clutch Bowie von Pattydoo entschieden und das war eine sehr gute Entscheidung. Die Anleitung enthält nicht nur eine Größe, sondern ist auch als Handytasche in mehreren Größen konzipiert. Das macht die Anschaffung der Anleitung jeden Cent wert. Mit der Videoanleitung bekommt man die Clutch auch super hin, auch wenn ich als 3-D-Legastheniker die Faltung der Innentaschen ca. 10 Mal anschauen musste.
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Um der Tasche Stand zu geben, bügelte ich Vlieseline H250 auf den Viskosestoff. Den Innenstoff verstärkte ich mit Volumenvlies H630. Damit war auch das Nähen einfach, da  die Rutschigkeit durch die Verstärkung weg war. So konnte ich die Clutch noch am Freitag fertig machen. Noch ein farblich passender Kampsnap und ich war ausgehfertig.
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Ach, was war ich zufrieden. Alles passte zusammen und wir sahen sehr schick aus. Schaut euch doch mal unsere Outfits im Gesamtpaket an. Mehr geht doch nicht, oder? Das Teenagermädchen war sehr glücklich und auch wenn der Liebste befürchtete, dass er seiner Tochter beim Walzer auf das schöne Kleid treten wird, waren wir perfekt für den Abiball gerüstet.
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Und wenn der Liebste und ich mal wieder zu einem Fest gehen, sind auch wir ohne das Abiballkleid sehr passig angezogen.
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Wir fühlten uns in unseren Roben so wohl und es war ein rauschendes Fest, wo unser Teenagermädchen natürlich die Schönste war. Der Liebste ist beim Walzer nicht aufs Kleid getreten und wir haben sehr viel getanzt.

Ich Clutch Beifall für das Abitur unseres Teenagermädchens, für die ganze Familie, die immer mitgeholfen hat und für dich, lieber Leser, der diesen Beitrag bis zum Schluss gelesen hat. Vielen Dank!

Verlinkt mit Creadienstag, Dings von Dienstag und bei der Taschenparty.

undiversell

Ich freue mich, dass du mich gefunden hast! Schau dich gern um. Ich zeige dir auf meinem Blog Handgemachtes, Hausgemachtes und Meer. Wenn du dich für Häkeln, Stricken, Nähen, Basteln, Nachhaltigkeit und Reisen interessierst, bist du hier genau richtig. Suchst du unkomplizierte Rezepte zu frischer, saisonaler Küche und leckere Kuchen, lass dich inspirieren. Bist du Fan von vegetarischer und veganer Küche? Hier wirst du fündig. Nachmachen ist ausdrücklich erwünscht. Viel Spaß und schöne Momente auf meiner Seite wünscht dir Undine von "undiversell"!

16 Antworten auf „Ich Clutch Beifall – Abi 2019

  1. Ich fass es nicht. Jetzt lese ich deinen Blog vor dem Frühstück aber komplett fertig gemacht für die Arbeit. Und jetzt sitze ich hier vor meinem Müsli und bin total verheult und darf sehen, was ich noch retten kann von meiner Schminke.Was hast du das schön geschrieben und es trifft den Nagel so auf den Kopf, einfach perfekt ihr könnt wirklich stolz sein auf eure Tochter wie wir alle wahrscheinlich auf unsere Kinder stolz sein werden, wenn sie Abitur Zeugnis in der Hand halten. Alles richtig gemacht, ich gratuliere Euch. Und natürlich sagt ihr zum Abiball alle drei wunderschön aus.

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  2. Servus Undine!
    Ich habe das Gefühl, dabei gewesen zu sein – so toll hast du den Werdegang des Teenagermädchens beschrieben! Die Gefühle kennt wahrscheinlich jeder Elternteil nur zu gut und ihr könnt richtig stolz sein auf eure Tochter! Danke, dass du die Gedanken beim DvD geteilt hast, ich wünsche dir ein schönes Wochenende! Liebe Grüße
    ELFi

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  3. Wie schnell die Schulzeit vergeht! Du hast das so toll erzählt, als wäre man selbst dabei gewesen. Da kommen auch bei mir die Erinnerungen zurück. Ja, es war eine schöne, wenn auch immer mal wieder anstrengende, Zeit. Ich gratuliere noch ganz herzlich zum bestandenen Abitur!
    Liebe Grüße und eine schöne Zeit in Paris!
    Helga

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    1. Liebe Helga, ich hätte selber gar nicht gedacht, dass es mich so berührt, dass ein Schulkind kein Schulkind mehr ist. Aber man wird schon sentimental, wenn so ein Abschnitt zu Ende ist. LG Undine

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  4. Ein Träumchen, liebe Undine. Kleider, Schlips, Tasche, Gürtel… Fotos, die ganze Geschichte drum herum. Ich bin begeistert und gratuliere zum rundum gelungenen Schulabschluss. SUPER!
    Herzensgrüße
    Anni

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