Vor 4 Jahren habe ich einen ersten Abibeitrag geschrieben und nun hat unser Sohn auch die Schulzeit hinter sich gebracht. Seine Abiturgeschichte begann nicht erst bei der Einschulung. Nein, er bekam von Freunden schon zur Geburt ein T-Shirt mit dem Aufdruck „ABI 2023“. Klar war das als Gag gemeint und damals konnte ich mir nicht vorstellen, wie schnell die Zeit vergeht und dass der Tag des Abiturs dann doch auf einmal da war.
Rückblickend betrachtet, ist man beim zweiten weitaus gelassener ist als beim ersten. Auch wenn ich mich nie als Helikoptermama betrachtet habe und mich schon beim ersten ganz entspannt fand, war die Steigerung zum zweiten doch beträchtlich. Während das erste noch zur Vorschule in die zukünftige Schule gekarrt wird, wird das beim zweiten als überflüssig erachtet. Während das erste noch mit einer gewissen Ängstlichkeit zum Schulbus gebracht wird, mahnt man beim zweiten nur, auf die Schwester zu hören und keinen Blödsinn zu machen. Während man sich beim ersten fragt, wie es wohl den Schulalltag verkraftet, denkt man beim zweiten: „Endlich kommt er in die Schule! Das Kind ist im Kindergarten nicht mehr ausgelastet!“
Mühe gegeben habe ich mir bei der Einschulung bei beiden Kindern. Beim zweiten hatte ich sogar mehr Muse, die Schultüte selber zu basteln, was ich beim ersten Kind mit Hausbau und Dreijährigem noch nicht hatte. So gab es eine Fußballtüte mit einem Olchi als Kuscheltier. Die Freude war riesengroß, da die Olchis damals gerade schwer angesagt waren. Natürlich hatte die große Schwester auch eine selbstgebastelte Schultüte in klein. Ich habe schon ein bisschen mit den Rohlingen gekämpft, aber dank Heißklebepistole und ein bisschen Schnickschnack waren sie am Ende ganz schön geworden. Da ich damals noch weit davon entfernt war, einen Blog zu betreiben, gibt es hier ausnahmsweise die Schultüten an Kindern im gleißenden Sonnenlicht. Tja, 12 Jahre ist es her, als auch der Kleine ins Schulleben eintrat.

Erster richtiger Schultag und endlich ging „der Ernst des Lebens“ los wie es so schön heißt. Na ja, was man so Ernst nennt. Der zweite hatte da eine sehr effektive Strategie, die er 12 Jahre durchgezogen hat. Mit minimalen Aufwand das Maximum herausholen. So könnte man diese Strategie wohl bezeichnen oder auch „Ich mach das alles mit links!“ Schönschrift – na ja, Hefterführung – unterdurchschnittlich, Noten – gut. Tja, warum soll man sich die Nachmittage mit Algebra und Strukturformeln versauen? Da gab es immer Wichtigeres. An erster Stelle Fußball. Das wurde mit Leidenschaft gespielt und da waren Wind und Wetter egal. Was mussten wir da als Eltern aushalten. Zum einen die Wochenendspiele, die gerade bei den Kleinen gern um 9:00 Uhr begannen. Ausschlafen war nicht und Training im Garten hieß, dass sämtliche Blumen durch Ballerschüsse geköpft wurden. So manches Mal sah ich in der Abendsonne die Tulpen- oder Rosenblätter fliegen, so manches Mal bin ich ausgeflippt, noch mehr Male habe ich es einfach mit Gleichmut ertragen und einfach weggeschaut. Ganz besonders fein war es auch, wenn der fußballbegeisterte Junge gegen die Hauswand spielte. Ein Schuß nach dem anderen erschütterte die Mauer und spätestens, wenn ein Schuß gegen ein Fenster sprang, war es mit unserer Geduld vorbei und verwiesen auf den Bolzplatz. „Was auf den Bolzplatz? Da kann ich aber nicht so schön gegen eine Mauer schießen!“ Tja, was soll man da sagen? Nischt, einfach einatmen und ausatmen. Immerhin war der Junge an der frischen Luft!


So verging die Grundschulzeit und die Orientierungsstufe. Alles war schick und unsere Dorfschule war genau richtig für den kleinen Fußballer, wo in jeder Pause auf dem Schulhof gebolzt wurde und die Welt zwischen dem Zweierbus, „Schloß Einstein“ und Hausaufgabenmachen auf der Treppenstufe noch in Ordnung war. Dann kam die Empfehlung fürs Gymnasium und wir überlegten nicht lange, wo der Junior sein Abitur machen sollte? Seine Schwester war im nahen städtischen Gymnasium und auch Sohnemann wollte dahin. Zack und so waren beide morgens mit dem Fahrrad on tour. Wenn Lehrer ihn auf seine große Schwester ansprachen, antwortete er selbstbewusst: „Ja, ich bin der Bruder, aber ich bin anders als sie.“
Eine neue Erfahrung war dann die Coronazeit. Pubertät, keine Freunde sehen und Schwester beim Studium waren nicht einfach, gerade für den zweiten, der immer noch am liebsten im Team Sport machte oder chillte, wie es heute so schön heißt. Wir haben so manches Mal überlegt, ob wir die Medienzeit begrenzen müssen oder nicht. Es war so eine Ausnahmesituation und die Balance zwischen Leinen loslassen angesichts der Pandemie und „normaler“ Erziehung waren auch als Eltern nicht leicht.
Dann hatten wir auch das geschafft, Corona einmal alle durch und das Abitur stand ins Haus. Mit unendlicher Gelassenheit und Entspanntheit (wir kannten das anders!) stieg der Junior ins Abitur ein. Wir waren manchmal richtig froh, wenn wir ihn beim Lernen erwischt hatten. Das muss man als Eltern auch aushalten. Die Zeiten von Hefterkontrolle und Abfragen der Malfolgen waren lange vorbei. Eigenverantwortung war angesagt. Hat auch geklappt und nun hat der Kleine, der größer als sein Papa ist, ein gutes Abitur in der Tasche. Wie gesagt: minimaler Aufwand für ein super Ergebnis! Herzlichen Glückwunsch!
Es kam der Tag der Zeugnisausgabe und auch dieses Mal wussten wir schon, was auf uns zukam. Es war mindestens genauso feierlich wie bei der großen Schwester. Allein schon die Tatsache, dass jedes Jahr das Volkstheater für die Zeugnisausgabe des größten Gymnasiums der Stadt gebucht werden muss, machte die Atmosphäre aufregend und spannungsgeladen. Die vielen feierlich angezogenen Abiturient*innen und die nicht weniger fein gemachten Eltern und Geschwister in dieser beeindruckenden Anzahl war schon ein nachhaltiges Erlebnis. Die Jungs von den Kindergeburtstagen waren Männer geworden und die Mädchen junge Frauen in wunderschönen Kleidern und Jumpsuits. Ist ja derzeit angesagt; ein Jumpsuit ist schick, aber trotzdem lässig. Es musste auch noch eine Steigerung zum Abiball geben.
Abiball ist das Stichwort. Das war dieses Mal mit einem Jungen weitaus entspannter. Da wurden beim örtlichen Herrenausstatter paar Anzüge übergeworfen und ein passender in Blau war dann in der Tasche. Ich freute mich, dass Sohnemann beim Schlips mutig in die Farbkiste gegriffen hatte und sich zu Knallpink entschied. Stand ihm fantastisch und im Jahr von Barbie auch sehr angesagt.
Meine Kleidersuche war da etwas anstrengender. Ja, ich weiß, ich habe eigentlich genug im Schrank, Betonung liegt auf eigentlich. Langer Rock ging nicht, weil nur die Abiturientinnen lang tragen dürfen. Ist so ein ungeschriebenes Gesetz. Macht es in der Zeit der Maxikleider auch nicht gerade einfach. Alle anderen fielen durch mein kritisches Raster. Sollte festlich dezent sein, schließlich sind wir als Eltern nicht die Hauptpersonen. Halbherzig begann ich noch einen Schnitt zu kopieren, aber irgendwie wusste ich, dass ich weder Zeit noch Nerven für eine Nähaktion hatte. War einfach zu viel los und zu heiß war es auch. Um nicht konsumtechnisch so ganz in die Vollen zu greifen, bestellte ich mir bei MOMOX Kleider. MOMOX ist eine Plattform, die wie andere Fashion-Onlineshops funktioniert, nur dass dort Secondhandmode verkauft wird. Der eine oder andere kennt MOMOX bestimmt vom Bücher(ver)kauf. Ich mag die Idee der Wiederverwertung und denke, es ist weitaus nachhaltiger als neue Mode zu bestellen. Gerade bei Festmoden malte ich mir gute Chancen aus, dort etwas zu finden. Also ab auf die Seite und ich wurde auch fündig. 2 Kleider wanderten in den Warenkorb und „Bingo“, beide Kleider waren sehr schön und eins davon war perfekt. So ein bisschen Vintagestyle, schicker Stoff und es passte wie angegossen. YEAH! Ich war im Spiel und der passende Schlips für den Liebsten zerrte ich in der Mittagspause aus dem Herrenausstatter. Natürlich bin ich mit Kleid dahingegangen. Wenn ich eins gelernt habe, Farben kann man nicht im Kopf behalten. Das muss man immer mit dem Kleidungsstück in der Hand kombinieren. Seht selbst, ist das nicht scheen?


Schwarze Tasche und Schuhe dazu, fertig! Halt: ich hatte zwar meine gehäkelte Clutch für den Abend vorgesehen, aber ich wollte sie gern über der Schulter tragen. Es ist doch ein bisschen krampfig, sie in den Händen zu halten. Unterm Arm mag ja ganz nett aussehen, aber spätestens nach 10 Minuten habe ich vergessen, dass da etwas ist und sie würde zu Boden „clutchen“. Ich bin da nicht sehr damenhaft und würde beim Bücken danach auch noch fluchen, dass sie mir runtergefallen ist. Noch weniger damenhaft. Abhilfe schuf eine wunderschöne Kette in brüniertem Silber, also bisschen dunkler als das eben genannte Edelmetall aus dem örtlichen Handarbeitsgeschäft. Das gab ihr so ein edles Aussehen und ich fand mich toll mit Kleid und Tasche. Erst wollte ich noch Karabiner anbringen, aber das war dann doch zu viel des Guten und so habe ich die Kette einfach mit einem schwarzen Baumwollfaden an die Enden der Tasche genäht.


So, jetzt möchte ich euch noch das kleine Minishirt mit der Aufschrift „Abi 2023“ nicht vorenthalten. Unser Sohn behauptete übrigens, dass er schon seit seiner Geburt unter Druck gesetzt wurde mit diesem Shirt. Er musste ja Abitur machen! Nö, musste er nicht, er durfte. ;-)

Natürlich haben wir den Abend genossen, ganz in Familie, haben das riesige Buffet genossen, getanzt und das Leben gefeiert. Wie es sich gehört für einen richtigen Abitur-Ball!
Verlinkt mit Creativsalat, bei ein kleiner Blog und beim Bingo mit dem Thema „Etwas Kleines, aber Feines“.


Was für eine schöne Liebeserklärung an dein Familienleben, liebe Undine. 😍
Herzensgrüße
Anita
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Liebe Undine, die Glückwünsche zum Abi habe ich ja schon an anderer Stelle übermittelt, Dir möchte ich zu diesem herzerfrischenden Beitrag gratulieren.. Mein Gatte und ich haben laut gelacht, Du hast das alles so wunderbar beschrieben, einfach herrlich. Ich liebe Deinen Humor! 😄
Herzliche Grüße, Martina
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Ach, danke schön, liebe Martina! Mit Humor geht doch alles besser. LG Undine 🤗
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